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Botschaft von Papst Franziskus zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung (1. September 2018) | Franziskus
Botschaft von Papst Franziskus zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung (1. September 2018) | Franziskus
BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS
ZUM WELTGEBETSTAG FÜR DIE BEWAHRUNG DER SCHÖPFUNG
ZUM WELTGEBETSTAG FÜR DIE BEWAHRUNG DER SCHÖPFUNG
1. September 2018
Liebe Brüder und Schwestern,
an diesem Tag des Gebets möchte ich vor allem dem Herrn für das Geschenk des gemeinsamen Hauses danken wie auch für alle Menschen guten Willens, die sich für dessen Bewahrung einsetzen. Ebenso bin ich für die zahlreichen Projekte dankbar, die darauf ausgerichtet sind, das Studium und den Schutz der Ökosysteme zu fördern, für die Bemühungen um die Entwicklung einer nachhaltigeren Landwirtschaft und einer verantwortlicheren Ernährung sowie für die verschiedenen erzieherischen, geistlichen und liturgischen Initiativen, die viele Christen in der Sorge um die Schöpfung in der ganzen Welt verbinden.
Wir müssen es anerkennen: Wir waren nicht fähig, die Schöpfung verantwortungsvoll zu bewahren. Die Umweltsituation kann auf globaler Ebene wie auch an vielen einzelnen Orten nicht als zufriedenstellend betrachtet werden. Zu Recht hat sich die Notwendigkeit einer erneuerten und gesunden Beziehung zwischen Menschheit und Schöpfung ergeben wie auch die Überzeugung, dass nur eine authentische und ganzheitliche Sicht des Menschen es uns erlauben wird, uns um unseren Planeten zugunsten der Gegenwart und der künftigen Generationen besser zu sorgen, denn „es gibt keine Ökologie ohne eine angemessene Anthropologie“ (vgl. Enzyklika Laudato si’, 118).
An diesem Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung, den die katholische Kirche seit einigen Jahren vereint mit den orthodoxen Brüdern und Schwestern und unter der Beteiligung anderer christlicher Kirchen und Gemeinschaften begeht, möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Thematik des Wassers lenken, dieses so einfachen und wertvollen Elements, das für viele leider sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich zu erreichen ist. Und doch „ist der Zugang zu sicherem Trinkwasser ein grundlegendes, fundamentales und allgemeines Menschenrecht, weil es für das Überleben der Menschen ausschlaggebend und daher die Bedingung für die Ausübung der anderen Menschenrechte ist. Diese Welt lädt eine schwere soziale Schuld gegenüber den Armen auf sich, die keinen Zugang zum Trinkwasser haben, denn das bedeutet, ihnen das Recht auf Leben zu verweigern, das in ihrer unveräußerlichen Würde verankert ist“ (ebd., 30).
Das Wasser lädt uns ein, über unsere Ursprünge nachzudenken. Der menschliche Leib besteht zum Großteil aus Wasser; und viele Kulturen sind in der Geschichte in der Nähe von großen Wasserstraßen entstanden, die deren Identität gekennzeichnet haben. Das zu Beginn des Buches Genesis verwendete Bild ist beeindruckend, in dem gesagt wird, dass am Ursprung der Schöpfergeist „über dem Wasser schwebte“ (vgl. 1,2).
Wenn ich an Gottes grundlegende Rolle bei der Schöpfung und der menschlichen Entwicklung denke, verspüre ich den Drang, ihm für „Schwester Wasser“ zu danken, das einfach und so nützlich wie nichts anderes für das Leben auf dem Planeten ist. Gerade deswegen ist es ein dringender Imperativ, sich um die Wasserquellen und Wasserreservoirs zu kümmern. Heute ist mehr denn je ein Blick vonnöten, der über das Unmittelbare hinausgeht (vgl. Laudato si’, 36), jenseits eines utilitaristischen Kriteriums „der Effizienz und der Produktivität für den individuellen Nutzen“ (ebd., 159). Es drängt an gemeinsamen Projekten und konkreten Taten, die berücksichtigen, dass jede Privatisierung des natürlichen Guts des Wassers zu Lasten des Menschenrechts, Zugang zum Wasser zu haben, unannehmbar ist.
Für uns Christen stellt das Wasser ein wesentliches Reinigungs- und Lebenselement dar. Es kommt sofort der Gedanke an die Taufe auf, das Sakrament unserer Wiedergeburt. Das vom Geist geheiligte Wasser ist die Materie, durch die Gott uns belebt und erneuert hat, sie ist der gesegnete Quell eines Lebens, das nicht mehr stirbt. Die Taufe stellt auch für die Christen verschiedener Konfessionen den realen und unverzichtbaren Ausgangspunkt dar, um eine immer authentischere Geschwisterlichkeit auf dem Weg zur vollen Einheit zu leben. Jesus hat im Verlauf seiner Sendung ein Wasser verheißen, das im Stande sein wird, den Durst des Menschen für immer zu stillen (vgl. Joh 4,14) und hat prophezeit: „Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt“ (Joh 7,37). Zu Jesus gehen, von ihm trinken, bedeutet, ihm persönlich als dem Herrn zu begegnen, indem wir aus seinem Wort den Sinn des Lebens schöpfen. Mögen in uns jene Worte, die er am Kreuz aussprach, kraftvoll widerhallen: „Mich dürstet“ (Joh 19,28). Der Herr bittet immer noch, seinen Durst zu stillen, ihn dürstet nach Liebe. Er bittet uns, ihm in den vielen Dürstenden heute zu trinken zu geben, um uns dann zu sagen: „Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben“ (Mt 25,35). Zu trinken geben, bedeutet in der Welt als globales Dorf nicht nur persönliche Taten der Nächstenliebe, sondern auch konkrete Entscheidungen und dauerhaften Einsatz, um allen das vordringliche Gut des Wassers zu gewährleisten.
Ich möchte auch die Frage der Meere und Ozeane berühren. Es ist unsere Pflicht, dem Schöpfer für das beeindruckende und wunderbare Geschenk der großen Wasser und alles, was in ihnen ist (vgl. Gen 1,20-21; Ps 146,6), zu danken und ihn dafür zu loben, dass er die Erde mit den Ozeanen wie ein Kleid bedeckt hat (vgl Ps 104,6). Unsere Gedanken auf die unermesslichen Weiten des Meeres zu lenken, die in ständiger Bewegung sind, stellt auf gewisse Weise auch eine Möglichkeit dar, um an Gott zu denken, der seine Schöpfung beständig begleitet, indem er sie vorantreibt und sie in der Existenz erhält (vgl. Hl. Johannes Paul II., Katechese, 7. Mai 1986).
Dieses unschätzbare Gut jeden Tag zu bewahren, stellt heute eine unausweichliche Verantwortung, eine wahre und eigentliche Herausforderung dar: Es bedarf einer tatkräftigen Zusammenarbeit unter den Menschen guten Willens, um am beständigen Werk des Schöpfers teilzuhaben. Viele Bemühungen laufen leider ins Leere, weil es an Reglementierung und wirksamen Kontrollen fehlt, insbesondere was den Schutz der Meeresgebiete über die nationalen Grenzen hinaus betrifft (vgl. Laudato si’, 174). Wir können nicht zulassen, dass die Meere und die Ozeane mit trägen Flächen treibenden Plastikabfalls angefüllt werden. Auch aufgrund dieses Notstands sind wir gerufen, uns mit aktivem Problembewusstsein zu engagieren. Dabei sollen wir beten, als ob alles von der göttlichen Vorsehung abhinge, und handeln, als würde alles von uns abhängen.
Beten wir, dass die Wasser nicht Zeichen der Trennung unter den Völkern, sondern der Begegnung für die menschliche Gemeinschaft werden. Beten wir, dass diejenigen gerettet werden, die auf der Suche nach einer besseren Zukunft ihr Leben auf den Meereswogen aufs Spiel setzen. Bitten wir den Herrn und diejenigen, die den hohen Dienst der Politik verrichten, dass die empfindlichsten Fragen unserer Zeit wie die der Migration, des Klimawandels, des allgemeinen Rechts auf die Nutzung der vordringlichen Güter verantwortungsvoll angegangen werden mit Weitsicht und Blick auf das Morgen, mit Großmut und im Geist der Zusammenarbeit, vor allem unter den Ländern, die die besten Möglichkeiten dazu haben. Beten wir für diejenigen, die sich dem Apostolat des Meeres widmen, für diejenigen, die helfen, über die Probleme nachzudenken, in denen sich die Ökosysteme der Meere befinden, für diejenigen, die sich der Ausarbeitung und der Anwendung von internationalen Normen hinsichtlich der Meere widmen, dass sie die Personen, die Länder, die Güter, die natürlichen Ressourcen schützen – ich denke zum Beispiel an die Fauna und die Flora des Meeres, wie auch an die Korallenriffe (vgl. ebd., 41) oder an den Meeresgrund – und eine ganzheitliche Entwicklung mit Blick auf das gemeinsame Wohl der ganzen Menschheitsfamilie und nicht auf Sonderinteressen gewährleisten können. Erinnern wir uns auch an diejenigen, die sich für die Bewahrung der Meeresgebiete einsetzen, für den Schutz der Ozeane und ihrer Biodiversität, auf dass sie diese Aufgabe verantwortungsvoll und rechtschaffen ausüben.
Schließlich liegen uns die jungen Generationen am Herzen; und für diese beten wir, dass sie mit dem Bewusstsein und in der Achtung des gemeinsamen Hauses sowie mit dem Anliegen aufwachsen, sich um das Wasser als wesentliches Gut zugunsten aller zu kümmern. Mein Wunsch ist es, dass die christlichen Gemeinschaften immer mehr und konkreter dazu beitragen, dass alle in den Genuss dieser unverzichtbaren Ressource kommen können, in der respektvollen Bewahrung der vom Schöpfer empfangenen Gaben, und das heißt hier der Wasserstraßen, der Meere und der Ozeane.
Aus dem Vatikan, 1. September 2018
FRANZISKUS
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