Mittwoch, 9. März 2011

Munich Re: Großinsolvenzen fordern die Versicherungswirtschaft



„Gesamtwirtschaftlich sind wir auf dem Weg von der Krise zur Normalisierung – substanzielle Risiken bleiben jedoch erhalten.“
Dr. Michael Menhart, Munich Re

Ob Arcandor, Quelle oder Schiesser: Im Krisenjahr 2009 rutschten auch zahlreiche Großkonzerne in die Pleite und stellten Insolvenzverwalter wie Gläubigerausschüsse vor enorme Aufgaben. Da diese Akteure qua Gesetz persönlich und unbeschränkt für ihre Entscheidungen haftbar gemacht werden können, benötigen sie in derartigen Fällen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen mit sehr hohen Deckungssummen – eine Herausforderung für die Versicherungswirtschaft.

Auch wenn die Krise inzwischen weitgehend überstanden ist, kann von Entwarnung keine Rede sein. 

Viele Unternehmen sind noch immer finanziell angeschlagen und dürften bei einem erneuten Konjunkturdämpfer rasch wieder in Schieflage geraten. Die vielerorts bedrohlich hohen Staatsverschuldungen und der verstärkte globale Wettbewerb lassen ein solches Szenario nicht unwahrscheinlich erscheinen. Zudem zeigen langfristige Statistiken, dass die Insolvenzrisiken mit zunehmender Entwicklung der Märkte tendenziell ohnehin steigen.

Schon deshalb müssen sich Politik und Wirtschaft verstärkt mit diesem Phänomen beschäftigen. 

Munich Re hat das erkannt und mit dem Expertenforum „Vermögensschadenhaftpflicht“ eine Plattform für den 

Wissensaustausch geschaffen. Bei der Eröffnungsveranstaltung Ende 2010 gaben Referenten wie Dr. Michael Jaffé wertvolle Einblicke in die Praxis. Der Insolvenzverwalter erläuterte die wirtschaftlichen und versicherungstechnischen Risiken am Beispiel der Insolvenzen von Kirch Media und Qimonda.

„Sanieren statt abwickeln lautet der neue Auftrag an Insolvenzverwalter und Gläubigerausschüsse.“
Jo Müller, Munich Re

Großinsolvenzen vernichten oft Kapital und Arbeitsplätze im großen Stil. 

Entsprechend hoch ist der gesellschaftliche und politische Druck auf Gläubigerausschüsse und Insolvenzverwalter. Ihr Auftrag: Sie sollen den Unternehmen möglichst eine wirtschaftliche Zukunft geben und sie so aus der Krise führen. Das war nicht immer so, denn bisher wurden insolvente Unternehmen in Deutschland zumeist abgewickelt anstatt saniert. Angesichts der Krise hat sich jedoch ein deutlicher Wandel vollzogen.

Wie in den USA soll das Insolvenzverfahren zukünftig auch hierzulande als ein Instrument der Sanierung gelten, das neue Chancen eröffnet. 
Um sie nutzen zu können, benötigen Insolvenzverwalter und Gläubigerausschüsse jedoch Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen, die den komplexen Sanierungsrisiken gerecht werden. 
Bei Großinsolvenzen bewegen sich die Deckungssummen oft im hohen, dreistelligen Millionenbereich und müssen möglichst schnell bereitgestellt werden. Munich Re unterstützt die Anbieter entsprechender Policen dabei mit dem nötigen Risikowissen und den erforderlichen Rückversicherungskapazitäten. Gemeinsam mit unseren Erstversicherungspartnern tragen wir so einen erheblichen Teil der Sanierungsrisiken und stellen die Handlungsfähigkeit der Akteure sicher.

„Unser Insolvenzrecht behandelt einen Bahnhofskiosk bislang genauso wie einen weltweit tätigen Großkonzern.“
Dr. Michael Jaffé

Das Munich Re Expertenforum im November 2010 stieß auf großes Interesse bei den Erstversicherungspartnern. Einer der Hauptgründe dafür ist die zunehmende Komplexität von Vermögensschaden-Haftpflichtrisiken. Denn das Management von Großinsolvenzen findet unter rechtlichen Rahmenbedingungen statt, die der Realität zum Teil nicht mehr gerecht werden. Ein Beispiel: Die deutsche Insolvenzordnung behandelt global agierende Konzerne bislang genauso wie Kleinunternehmen. In der Praxis führt das zu enormen Schwierigkeiten.

Meldet ein aus Einzelgesellschaften bestehender Konzern Insolvenz an, sind oft gleich mehrere Gerichtsstandorte zuständig. 
Jedes einzelne Gericht bestellt einen Insolvenzverwalter, der unabhängig von den Verwaltern der anderen Konzerngesellschaften agieren kann. So lässt sich ein Unternehmen zwar abwickeln, aber nur schwierig sanieren. Denn aufgrund der meist international verflochtenen Waren- und Zahlungsströme sind von einer Insolvenz schnell auch andere, im Kern gesunde Unternehmensteile betroffen. Die aktuellen Rahmenbedingungen lösen daher oftmals einen unerwünschten Dominoeffekt aus.

Entsprechend schwierig gestaltet sich die Risikoeinschätzung für Anbieter von Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen. Um ein zuverlässiges Deckungskonzept zu entwickeln, brauchen sie Zugriff auf umfassendes Wissen und internationales Markt-Knowhow. Munich Re verfügt darüber und stellt seine Expertise den Erstversicherungspartnern zur Verfügung.

Das Insolvenzrecht ist die zentrale Reformbaustelle im Wirtschaftsrecht.

Eine Insolvenz gilt in Deutschland noch immer als Stigma und Ausdruck des Versagens. 
Dass sich das angesichts der wirtschaftlichen Realität ändern muss, hat die Bundesregierung erkannt und strebt weitreichende Reformen des Insolvenzrechts an. 
Geplant ist eine Erneuerung in drei Stufen. Zunächst sollen die Grundlagen für eine chancenorientierte Insolvenzkultur gelegt werden. 
Im Gespräch sind etwa Änderungen des Planverfahrens sowie Möglichkeiten zur Eigenverwaltung im Sanierungsfall. Stufe zwei wird Neuerungen im Verbraucherinsolvenzrecht bringen. In der dritten Stufe soll dann das Konzerninsolvenzrecht umfangreich überarbeitet und erstmals ein Anforderungsprofil für Insolvenzverwalter definiert werden.

Dieser Reformprozess wird die Risikolandschaft für Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer in den kommenden Jahren entscheidend verändern. 
Im Vordergrund steht künftig der Sanierungsgedanke. 
Die Neuorientierung erhöht jedoch das Risiko für die Insolvenzverwalter und damit auch für die Versicherungswirtschaft – zumindest solange die neuen Rahmenbedingungen noch nicht verabschiedet sind. 

Deshalb gilt: Wer komplexe Insolvenzrisiken profitabel versichern will, muss die tatsächlichen und rechtlichen Entwicklungen aufmerksamer denn je beobachten – so wie Munich Re. Wir verfügen über die nötige Expertise sowie die erforderlichen Marktkenntnisse und Rückversicherungskapazitäten, um Erstversicherungskunden beim Absichern dieser Risiken zu unterstützen.

Unsere Experten

Brigitte Heldmann
Rechtsanwältin
Munich Re
E-Mail: » bheldmann@munichre.com
Jo Müller
Rechtsanwalt
Munich Re
E-Mail: » jmueller@munichre.com

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