Trockenheit und Dürre – Überblick über Maßnahmen
Die extreme Trockenheit der vergangenen Wochen, die teils mit großer Hitze einherging, beeinträchtigt Ernten und erhöht die Waldbrandgefahr. Die Betroffenheit ist je nach den regionalen Witterungs- und Standortbedingungen unterschiedlich, aber bundesweit erheblich. Welche Zuständigkeiten und Maßnahmen zur Schadensregulierung und Prävention gibt es?
Definition und Zuständigkeiten bei Naturkatastrophen und widrigen Witterungsverhältnissen
Während zum Beispiel Überschwemmungen und Orkane als Naturkatastrophen gelten, gehören Trockenheit, Frost und Starkregen zu den "Naturkatastrophen gleichgestellten widrigen Witterungsverhältnissen". Für Hilfen nach solchen außergewöhnlichen Naturereignissen sind nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern die Länder zuständig.
Lediglich wenn das Schadensereignis als "Ereignis von nationalem Ausmaß" eingestuft wird, kann der Bund finanzielle Hilfe für Forst- und Landwirtschaft leisten - ausnahmsweise im Rahmen der "gesamtstaatlichen Repräsentation". Dazu müssen die Gesamtumstände bewertet werden.
Wetterereignis 2018 ist Ereignis von nationalem Ausmaß
Ob die anhaltende Trockenheit ein Ereignis von nationalem Ausmaß ist, konnte anhand der belastbaren Schadensmeldungen der Länder beurteilt werden. Wie die vorliegende Erntestatistik zeigt, hatte und hat die Dürre deutliche Auswirkungen auf die deutsche Landwirtschaft:
- Hektarerträge bei Getreide (ohne Körnermais) 2018 liegen um 16 % unter dem dreijährigen Mittel der Vorjahre.
- Schleswig-Holstein (- 31 %), Brandenburg (-27 %), Sachsen-Anhalt (-26 %), Mecklenburg-Vorpommern (-25 %) und Niedersachsen (-26%) sind am stärksten betroffen.
Auf Grundlage der Erntezahlen und der Schadensmeldungen der Länder stufe ich die Entwicklung als außergewöhnliches Wetterereignis von nationalem Ausmaß ein. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass sich der Bund an Hilfsmaßnahmen der - in erster Linie zuständigen - Länder beteiligt. Die genauen Modalitäten eines gemeinsamen Bund-Länder-Programms verhandeln wir aktuell mit den Bundesländern. Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat am 22. August 2018 aufgrund des länderübergreifend hohen Schadensumfangs bekannt gegeben, dass es sich bei der diesjährigen Trockenheit um ein Ereignis nationalen Ausmaßes handelt.
Der Schadensumfang wird auf eine Höhe von rund 680 Millionen Euro beziffert, wovon Bund und Länder die Hälfte der berechtigten Schäden in Höhe von bis zu 340 Millionen Euro übernehmen könnten. Die Bundeslandwirtschaftsministerin schlägt den Ländern vor, die Hilfen aufzuteilen. So sollen nach dem Willen der Ministerin Bund und Länder jeweils 50 Prozent der Mittel aufbringen. Daraus ergäbe sich auf Basis der aktuellen, noch vorläufigen Zahlen ein Bedarf an Bundesmitteln von etwa 150 bis 170 Millionen Euro.
Die genauen Modalitäten eines gemeinsamen Bund-Länder-Programms werden mit den Bundesländern verhandelt. Die folgenden Eckpunkte sind dabei für die Bundeslandwirtschaftsministerin entscheidend:
- Antragsberechtigt sind Betriebe mit einem Naturalertragsrückgang um mindestens 30% im Vergleich zu den Vorjahren.
- Ein finanzielles Engagement des Bundes kann es nur für existenzgefährdete Betriebe geben. Es ist daher eine entsprechende Bedürftigkeitsprüfung nötig.
- Der Bund beteiligt sich zu 50 Prozent an dem gemeinsamen Hilfsprogramm von Bund und Ländern.
- Die Hilfen sollen als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.
Geltende Rahmenrichtlinie für Hilfen von Bund und Ländern
Die Länder können auf Grundlage einer nationalen Rahmenrichtlinie bei Naturkatastrophen oder diesen gleichgestellten widrigen Witterungsverhältnissen in der Land- und Forstwirtschaft Hilfe in Form von Zuschüssen leisten. Das BMEL hat die Rahmenrichtlinie 2015 bei der Europäischen Kommission genehmigen lassen, um Hilfen in akuten Fällen zu ermöglichen.
- Im Fall von Naturkatastrophen können bis zu 100 Prozent des Gesamtschadens ausgeglichen werden.
- Im Fall von widrigen Witterungsverhältnissen können bis zu 80 Prozent des Gesamtschadens, in benachteiligten Gebieten zu 90 Prozent ausgeglichen werden, wenn mehr als 30 Prozent der durchschnittlichen Jahreserzeugung des betreffenden landwirtschaftlichen Unternehmens zerstört wurden.
Voraussetzung ist, dass die zuständigen Behörden die Ereignisse als Naturkatastrophe oder widriges Witterungsverhältnis offiziell anerkennen.
Weitere Hilfsmöglichkeiten
Neben den spezifischen Landes- oder Bundeshilfen kommen weitere Hilfsmöglichkeiten in Betracht. Im Fall der Trockenheit sind dies:
- Die Landwirtschaftliche Rentenbank hat ihr Liquiditätssicherungsprogramm für Unternehmen der Landwirtschaft, des Garten- und Weinbaus, die wegen Trockenheit und Unwetter 2018 Ertragseinbußen oder Kostensteigerungen zu verzeichnen haben, geöffnet.
- Die Länder können ab 1. Juli 2018 zulassen, dass als ökologische Vorrangflächen angemeldete Brachflächen ausnahmsweise für Futterzwecke geerntet werden dürfen, wenn nicht ausreichend Futter zur Verfügung steht.
- Die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH gewährt von der Trockenheit betroffenen Betrieben Pachtstundungen.
- Das BMEL hat einen Verordnungsentwurf auf den Weg gebracht, der es den Bauern erlaubt, auch ökologische Vorrangflächen zum Anbau von Zwischenfruchtmischungen für Futterzwecke zu nutzen.
Nachfolgende Maßnahmen könnten zusätzlich ergriffen werden:
- Die geschädigten Betriebe können Anträge auf Stundung von Steuerschulden stellen.
- Die geschädigten Betriebe können Stundung der Sozialversicherungsbeiträge beantragen.
- Die Finanzbehörden der Länder können steuerliche Vorauszahlungen anpassen und auf Säumniszuschläge, Stundungszinsen und Vollstreckungsmaßnahmen verzichten.
Risikomanagement und Prävention durch Betriebe der Land- und Forstwirtschaft
Dass die Land- und Forstwirtschaft sich an wechselnde Wetter- und Klimabedingungen anpassen sollte, ist kein neues Phänomen. Der Umgang mit produktions- und marktbedingten Risiken ist Aufgabe des land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens. Es kann dabei auf vielfältige Instrumente und Maßnahmen zurückgreifen, die Bestandteil einer ordnungsgemäßen Landwirtschaft sind. Neben dem Landwirt sind hierbei auch die vor- und nachgelagerten Bereiche gefordert, entsprechende Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten, die dem Landwirt helfen, besser mit den Risiken umzugehen. Zu nennen sind beispielsweise:
- Angepasste Produktionsweise: Im Rahmen der guten fachlichen Praxis gibt es viele Möglichkeiten, bestimmten Wetterereignissen und -extremen mit z. B. Fruchtfolgegestaltung, Bodenbedeckung über Winter, oder dem Anbau von Zwischenfrüchten zu begegnen. Bei der Sortenwahl sind Sorten zu wählen, die besser an die neuen Bedingungen angepasst sind. Die Züchtung ist gefordert, dafür entsprechende Sorten bereitzustellen. Zur Schadensreduzierung können auch Beregnung bei Trockenheit, die Frostschutzberegnung und Hagelschutznetze als bewährte Techniken beitragen.
- Diversifizierung: Ertragsschwankungen, Tierseuchen oder Preiseinbrüche treten in den seltensten Fällen in allen Produktionsrichtungen gleichzeitig auf. Betriebe mit mehreren wirtschaftlichen Standbeinen haben dadurch einen internen Risikoausgleich. Der Trend in der Landwirtschaft geht zu größeren und spezialisierten Betrieben mit wenigen oder gar nur einem Produktionszweig. Dies ist meistens betriebswirtschaftlichen Zwängen geschuldet, um Kosten zu sparen und bessere Absatzmöglichkeiten für die Produkte im Verkauf zu erzielen. Der Nachteil ist eine größere Krisenanfälligkeit der Betriebe bei Preis- oder Ertragsschwankungen.Gleiches gilt auch für den Anbau der Ackerkulturen. Eine Anbaudiversifizierung bringt Vorteile für die Biodiversität, und kann auch dazu beitragen, den Betrieb weniger krisenanfällig zu machen.
- Bildung von Rücklagen: Die Bildung von Rücklagen ist ein bewährtes Instrument der Risikovorsorge. Sie setzt voraus, dass die Betriebe in guten Jahren in der Lage sind, entsprechende Rücklagen zu bilden.
- Versicherungen: Versicherungen sind ein privatwirtschaftliches Instrument zur Absicherung bestimmter Risiken. Für die deutsche Landwirtschaft gibt es ein breites Angebot verschiedener Versicherungen. Die Folgen von Dürre und Hochwasser lassen sich dagegen nicht zu wirtschaftlich tragfähigen Kosten versichern.
Risiko für Extremwetterlagen in Deutschland
Naturkatastrophen und extreme Wetterlagen gibt es seit Menschengedenken: Fluten, Erdbeben und Dürreperioden finden schon in der Bibel Erwähnung. Deutschland ist in dieser Hinsicht ein vergleichsweise sicheres Land – im Weltrisikoindex der United Nations University lag Deutschland im Jahr 2016 hinsichtlich der Risikobewertung auf Rang 147 von 171 bewerteten Staaten. Auf den ersten Rängen stehen Pazifikinseln wie Vanuatu und Tonga, die häufig oder in besonderem Maße von Erdbeben, Tsunamis und Stürmen heimgesucht werden. Im Zuge des Klimawandels nehmen einzelne Extremwetterrisiken auch in Deutschland zu.
Extreme Wetterlagen wie ausgeprägter Spätfrost oder Hitze, Überschwemmungen, Sturm oder Hagel können der deutschen Land- und Forstwirtschaft innerhalb kurzer Zeit erheblichen und langanhaltenden Schaden zufügen. Sie zerstören landwirtschaftliche Kulturpfanzen und verursachen Ernteausfälle.
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